Eigentlich sollten Frauen ihren Körper ja am besten kennen. Aber der weibliche Zyklus hat so seine Tücken. Manchmal läuft er wie ein Uhrwerk – genau nach Plan. Manchmal lässt die nächste Periode tagelang auf sich warten. Woher soll Frau da wissen, wann der eigene Eisprung war? Und – um ehrlich zu sein – was bedeutet das konkret nochmal?
Bei diesem komplexen Zusammenspiel aus Hormonen ist es oft nicht einmal für Frauen leicht, den Überblick über den eigenen Zyklus zu behalten. Das haben sich die Gründerinnen Eva Paulsen, Lina Ekstrand und Louise Matell auch gedacht. Gemeinsam bilden sie das Frauenkollektiv “Shevolution”. Für ihr erstes Projekt tauchten die drei Schwedinnen tief in die Welt der Menstruation ein. Und stellten zu ihrer eigenen Überraschung fest, wie viel Wissen auch ihnen bisher verborgen geblieben war.
Mit ihrem innovativen Menstruationskalender “Bloody Yes!” möchten sie Frauen darin bestärken, ihren eigenen Körper besser kennen und verstehen zu lernen. Was momentan noch eine Kickstarter Kampagne ist, könnte mit etwas Glück bald in jedem zweiten Haushalt hängen: Der Kalender von Frauen, für Frauen. Dafür haben die drei Gründerinnen mit verschiedenen Illustratorinnen aus der ganzen Welt zusammengearbeitet. Hier erzählen sie uns mehr zu ihrer Idee rund um “Bloody Yes!” und was die Selbstbestimmung der Frau für sie bedeutet.
Was hat euch zur Gründung eures Kollektivs “Shevolution” motiviert?
Eva: Wir sind alle drei sehr leidenschaftlich, wenn es um die Stärkung von Frauen geht. Wir möchten die Rollen von Frauen in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt weiterentwickeln. Das gilt auch in Bezug auf die Darstellung von Frauen in den Medien oder den Blick der Gesellschaft auf die weibliche Gesundheit. Deshalb unser Name “Shevolution”, der gleichzeitig eine Anspielung auf eine Revolution ist – denn wir möchten mit unserer Arbeit archaische Strukturen aushebeln.
Wofür steht das Projekt “Bloody Yes!” für euch?
Louise: Der Name ist ein Wortspiel, bei dem die oft als negativ dargestellte Menstruation in etwas positives umgewandelt wird. Wir möchten, dass Frauen verstehen, wie verdammt großartig der menstruelle Zyklus eigentlich ist und sie dabei unterstützen, ihren eigenen Körper und seine Möglichkeiten wertzuschätzen.
Wie ist euer Menstruationskalender aufgebaut?
Lina: “Bloody Yes!” besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil beinhaltet einen Kalender, bei dem zwölf fantastische Illustratorinnen je einen Monat und eine Phase des weiblichen Zyklus künstlerisch umgesetzt haben. Dieser Abschnitt dient dazu, dem eigenen Zyklus nachzuspüren – und beispielsweise seine Periode einzutragen, oder an welchen Tagen man Anzeichen für PMS (Prämenstruelles Syndrom), den Eisprung oder Stimmungsschwankungen wahrgenommen hat. Nach einigen Monaten des Festhaltens lassen sich bestimmte Muster erkennen, mit denen es leichter wird, sich auf die eigenen Körperveränderungen einzustellen.
Louise: Der zweite Teil von “Bloody Yes!” ist unabhängig vom Kalenderjahr immer wieder verwendbar. Er umfasst einen informativen Ratgeber über die jeweiligen Phasen des weiblichen Zyklus. Darüber hinaus gibt er hilfreiche Tipps, was Frauen am besten zu sich nehmen oder welche Übungen sie machen können, um sich in jeder Zyklusphase wohlzufühlen.
Inwiefern kann euer Kalender dazu beitragen, Frauen zu stärken?
Lina: Der weibliche Zyklus unterscheidet sich extrem von dem eines Mannes. Dennoch wird von Frauen erwartet, auf ähnliche Weise zu funktionieren und gleiches zu leisten – sei es auf beruflicher, sozialer oder emotionaler Ebene. So wird von uns erwartet, die gleiche Lust auf Sex wie Männer zu haben, obwohl unsere Libido stark davon abhängig ist, an welchem Punkt unseres Zyklus wir gerade sind. Das verursacht Stress und den Druck, den Erwartungen von anderen nicht gerecht werden zu können.
Die Informationen, die “Bloody Yes!” zusammengetragen hat, sollen Frauen dazu verhelfen, ihre eigene Energie und Stimmungsschwankungen verstehen und nutzen zu lernen. Dazu gehört auch, sich einzugestehen, dass man nicht alles zu jeder Zeit schaffen kann und muss. Die Zyklusphasen der Frau sind eine echte Superpower, die uns lehren kann, uns so zu akzeptieren, wie wir sind.
Ihr spendet die Erlöse von “Bloody Yes!” an die gemeinnützige Organisation “Woman for Woman International”. Was hat euch dazu bewegt?
Eva: Da wir mit unserem Projekt andere Frauen unterstützen und stärken möchten, fanden wir es nur konsequent, die Erlöse von dem Verkauf unseres Kalenders ebenfalls einzusetzen, um bedürftigen Frauen zu helfen. “Woman for Woman International” hat uns besonders angesprochen, weil diese Organisation Frauen in Krisengebieten unterstützt und ihnen Fähigkeiten beibringt, mit denen sie lernen, sich selbst zu versorgen. Zudem hilft sie Frauen dabei, eigene Netzwerke aufzubauen, um sich gegenseitig und langfristig zu stärken.
Was bedeutet die Selbstbestimmung und Gleichberechtigung von Frauen für euch?
Lina: Gleichberechtigung bedeutet für mich eine Gesellschaft, in der Frauen darüber informiert sind, welche Einflüsse unsere Geschichte und die Art und Weise, wie Frauen heute betrachtet werden, geprägt haben. (...) Die traurige Wahrheit ist, dass der Großteil der Geschichte der Frau von Männern formuliert wird, die sich auf veraltetes Wissen über den weiblichen Körper und dessen Funktionen berufen. Das muss sich ändern.
Louise: Frauen zu stärken heißt für mich, Frauen Selbstbewusstsein zurückzugeben und die patriarchale Sicht auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft, sowie auf unsere Rechte und unsere Körper, auszuhebeln. Nur so können wir erreichen, dass Frauen und Männer dieselben Rechte und Möglichkeiten erhalten.
Eva: Ich halte viel von der Idee, “traditionell weibliche” Eigenschaften ebenso hoch zu bewerten wie “traditionell männliche”, sodass Frauen nicht das Gefühl haben müssen, dass sie, um erfolgreich oder einem Mann gleichgestellt zu sein, auch "männlich" handeln müssen. Gleichberechtigung bedeutet daher für mich, dass sowohl Männer als auch Frauen einfach sie selbst sein können, wie auch immer sich das dann individuell gestaltet.