Jedes Jahr im Januar zeichnet das indische Verteidigungsministerium 25 Kinder und Jugendliche für außergewöhnlichen Mut und Tapferkeit aus. Diese Ehre wurde auch der damals 17-jährigen Shivani Gond und der 18-jährigen Tejasweeta Pradhan aus Darjeeling zuteil.

Denn dank des mutigen Einsatzes dieser beiden Mädchen konnte einer der gefährlichsten internationalen Menschenhändler-Ringe Indiens aufgedeckt werden. Die Medaille wurde ihnen vom Premierminister persönlich verliehen.

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Jedes Jahr verschwinden weltweit tausende Kinder und Frauen spurlos. Viele von ihnen werden von Menschenhändlern verschleppt und als (Sex-)sklavinnen weiterverkauft. Laut der internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) ist die 'moderne' Sklaverei-Branche weltweit rund 150 Milliarden US-Dollar schwer.

Indien und vor allem der Bundesstaat Westbengalen, in dem die Mädchen wohnen, gehört zu einer der Knotenpunkte für internationale Verbrechen, die im Zusammenhang mit Menschenhandel stehen. Hier werden vor allem junge Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen in die Falle gelockt, in dem ihnen zum Beispiel gut bezahlte Jobs in Aussicht gestellt werden. Stattdessen allerdings landen sie in der Zwangsprostitution und Sklaverei.

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Über die Machenschaften der Menschenhändler in ihrem Bundesstaat wussten auch Shivani und Tejasweeta bestens Bescheid. „Seit der achten Klasse bin ich bei der Organisation ‘Students Against Trafficking Club’ (Schüler und Studenten gegen Menschenhandel) aktiv, die sich gegen Menschenhandel und sexuellen Missbrauch engagiert“, sagt Tejasweeta.

Eines Tages erhielt die Organisation MARG, die von Darjeeling aus agiert und sich dafür einsetzt, den Menschenhandel im Bundesstaat zu stoppen, die Anfrage, ein vermisstes Mädchen ausfindig zu machen. Shivani und Tejasweeta wurden in den Plan der Organisation eingeweiht. Mit dem Einverständnis ihrer Eltern wurden die beiden zu wichtigen Komplizen in der Ermittlung.

Die Vorbereitungen für die Mission betrugen ganze drei Monate, denn alles musste bis ins kleinste Detail geplant werden. In einem Interview erzählte Shivani, wie der Plan aussah:

„Wir traten auf Facebook unter falschem Namen auf und gaben uns als [nepalesische] Mädchen, die Arbeit suchen, aus. [...] Und dann nahm tatsächlich jemand Kontakt mit uns auf und sagte uns, was wir machen sollten.“

Eine Frau auf Facebook - wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine Verbindungsperson zu dem Menschenhändler-Ring - versprach den beiden gut bezahlte Arbeit in einem Hotel.

Die Menschenhändler wollten gleich zu Anfang Fotos und Ausweise der beiden Mädchen sehen - nur um festzustellen, ob die beiden hübsch genug waren. Kurze Zeit später konnten die beiden über ihren neuen Kontakt auf Facebook ein Treffen in einem Hotel organisieren.

„Wir trafen uns nahe der indisch-nepalesischen Grenze in Panitanki und warteten auf die Leute in einem Hotel. Dann kam eine Gruppe von Jungen. [...] Wir konnten es kaum glauben, dass diese Jungen Menschenhändler waren! Aber wir haben einen kühlen Kopf bewahrt und nach einer Weile den Polizisten in Zivil und den NGO-Mitarbeitern, die als Kellner verkleidet waren, Zeichen gegeben. Wir haben uns am Kopf gekratzt - das war das vereinbarte Signal“, erzählt Shivani im Interview. Noch an Ort und Stelle wurden die Menschenhändler verhaftet. Der Drahtzieher des Rings konnte in Delhi festgenommen werden.

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Die Aktion und der Mut der beiden Mädchen sprach sich schnell herum. Zusammen mit weiteren 23 Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 18 Jahren wurden sie daher mit einer Tapferkeitsmedaille geehrt, die renommierte Geeta Chopra Auszeichnung.

Trotz des wahnsinnigen Erfolgs, den Shivani und Tejasweeta erreichen konnten, erhoffen sich die beiden Teenager von ihrer Arbeit vor allem eines: die Menschen dafür zu sensibilisieren, wie schnell Mädchen Opfer dieser Kriminellen werden können. Tejasweeta sagt: „Es ist schlimm, dass Menschenhändler gerade die Ärmsten ins Visier nehmen, denn die haben nicht die nötigen Mittel, um gegen diese skrupellosen Verbrecher vorzugehen.“

Für die Zukunft hoffen die beiden, dass mehr Frauen in ihrem Alter Aufklärungsarbeit leisten. Ihr Motto ist laut Shivani ganz einfach: „Zusammen können wir daran mitwirken, dem Ganzen ein Ende zu setzen, indem wir auf das Problem aufmerksam machen.“ Recht habt ihr, packen wir’s an!

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Ein Beitrag von Katrin Kausche