Vergangenes Jahr spaltete ein neues Gesetz in North Carolina, USA die Gemeinschaft: Das Gesetz besagt, dass Menschen an öffentlichen Orten nur die Toiletten benutzen dürfen, die auch ihrem 'angeborenen Geschlecht' entsprechen.
Die Debatte um die geschlechtliche Identität blieb dabei nicht nur in den USA ein heißes Thema. Das Gesetz löste auf der ganzen Welt Diskussionen über Transgender-Rechte aus.
Auch in Deutschland gibt es Neuigkeiten: Anfang November entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es in Zukunft neben „
Für viele Kulturen allerdings ist die Vorstellung von nicht-binären Geschlechtern (jemand, der sich nicht genau als männlich oder weiblich identifiziert) weder schwer zu begreifen noch neu. Ganz im Gegenteil.
In Regionen wie dem Bundesstaat Oaxaca in Mexiko bis Samoa und Madagaskar haben indigene Kulturen die Vorstellung des 'dritten Geschlechts' seit Jahrhunderten akzeptiert.
Muxes in Juchitán de Zaragoza
In der kleinen Stadt Juchitán de Zaragoza im südlichen Oaxaca State, Mexiko, leben Muxes - Menschen, die mit männlichen Geschlechtsorganen geboren wurden, sich aber weder als weiblich noch als männlich identifizieren. Muxes sehen sich nicht als Cross-Dresser oder als Transgender. Sie werden seit jeher eher als „das dritte Geschlecht" angesehen, sind Teil der Kultur und in der Stadt bekannt und anerkannt.
Traditionell werden Muxes für ihr Talent in Stickerei, Haarstyling, Kochen und Kunsthandwerk bewundert. Naomy Mendez Romero, die das Foto und ihre Geschichte mit der New York Times geteilt hat, ist allerdings Wirtschaftsingenieurin. Sie wollte die Wahrnehmung von Muxen herausfordern, indem sie einen Beruf wählte, der häufig als männlich angesehen wird.
Die Debatte um öffentliche Toiletten hat das Leben der Muxes in Juchitán de Zaragoza herzlich wenig gestört.
„Ich und eine Toilette für Männer benutzen? Nein.", sagt Naomy, die seit Jahren Toiletten für Frauen benutzt und auch garnicht daran denkt, das zu ändern.
'Zwei-Geist' in der nordamerikanischen Navajo-Kultur
Für viele indigene, nordamerikanische Kulturen sind Transgender-Individuen als "Zwei-Geist" bekannt.
Für Zuni, ein Stamm der amerikanischen Ureinwohner, sind 'zweigeistige' Personen unter dem Begriff 'Lhamana' bekannt.
We'wha - der berühmteste Lhamana des Stammes- wurde in einem männlichen Körper geboren und trug eine Mischung aus Männer- und Frauenkleidung. We'wha verbrachte Zeit damit, Aufgaben im Stamm zu übernehmen, die traditionell von Frauen ausgeführt wurden, wie zum Beispiel kochen und Essen sammeln. We'wha arbeitete aber auch als Vermittler im Zuni-Stamm.
Anthropologen, Autoren und sogar US-Präsident Grover Cleveland waren von We'wha's Intelligenz und Weltverständnis zutiefst beeindruckt.
We'wha war nicht mal annähernd der einzige "Zwei-Geistige" Ureinwohner Nordamerikas. Viele andere Stämme haben ihre eigenen Merkmale für ein Stammesmitglied, dass in nur einem Körper lebt, aber den Geist von mehr als einer Person inne hat.
Fa’Afafines auf Samoa
In der traditionellen, samoanischen Kultur werden Menschen, die mit einem männlichen Körper geboren wurden, sich aber als weiblich identifizieren, als Fa'Afafines bezeichnet. Fa'Afafines zählen als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft und sind vollständig in der samoanischen Kultur aufgenommen. Ein Konzept, mit dem sich die westliche Kultur noch immer schwer tut.
„Geschlechterrollen, selbst sexuelle Bedürfnisse, sind der Gesellschaft angepasst. Das bedeutet, dass die Geschlechter-Identität oft massiv von der Kultur geprägt wird. Eine Frau in Samoa zu sein, ist ganz anders als eine Frau in der westlichen Gesellschaft zu sein.", sagt eine Einwohnerin der Stadt gegenüber dem National Geographic.
Hijras in Süd-Asien
Leider werden Hijras von der Gesellschaft in Pakistan, Indien und Bangladesch weniger akzeptiert. Hijras identifizieren sich als in männlichen Körpern geborene Frauen.
Dabei haben Hijras sogar ihre eigene, uralte Sprache - Hijras Farsi - und dienten seit Jahrhunderten Monarchen in der südasiatischen Region.
Heute sind sie mehrheitlich Außenseiter in ihren Gemeinden, mit starken Einschränkungen in der beruflichen Entwicklung und Teilhabe an der Gesellschaft.
Trotz der Marginalisierung vom Rest der Welt, den sie als "Dunya Daar" bezeichnen, bewahren die Hijras ihre eigene Sprache und Kultur, in der das Geschlecht keine Grenzen kennt.
Sekratas auf Madagaskar
Auf Madagaskar erkennen einige Gemeinschaften ein drittes Geschlecht namens Sekrata an. Sekratas sind vollwertige Mitglieder der Gesellschaft und genießen Respekt und Anerkennung.
Jungen, die traditionell weibliches Verhalten oder weibliche Persönlichkeitsmerkmale aufweisen, werden schon von klein auf von den Eltern als Mädchen erzogen.
Sekratas werden nicht einfach als 'schwul' bezeichnet, sondern vielmehr als Mensch in einem männlichen Körper angesehen, der sich als weiblich identifiziert. Die sexuelle Präferenz spielt dabei kein Rolle und die Erziehung eines Kindes des dritten Geschlechts ist natürlich und im sozialen Gefüge der Gemeinschaft akzeptiert.
Nicht allen Menschen fällt es von Anfang an leicht, die Vorstellung eines "dritten Geschlechts" zu begreifen. Chelsea Handler, US-amerikanische Schauspielerin und Komikerin, hat den Versuch gestartet, die komplexe Angelegenheit der nicht-konformen Geschlechter-Identität anzugehen. Sie traf unter anderem den 9-jähriges C.J., der mit seinem männlichen Körper glücklich ist, aber gerne Mädchenkleidung trägt. Seht einen Auszug davon hier:
Menschen jeglichen Geschlechtsspektrums kennen- und akzeptieren zu lernen, ist Teil einer toleranten, offenen und humanen Welt. Kulturen, die offen für jede Vorstellung von Geschlechtern in der Welt sind, können als Wegweiser für die Akzeptanz von nichttraditionellen Geschlechterrollen dienen.
Und völlig unabhängig vom Geschlecht eines Menschen: Jeder verdient die gleichen Menschenrechte.