Gesundheitsfragen nur auf nationaler Ebene zu betrachten, gefährdet die Gesundheit der Weltbevölkerung – denn diese sei immer nur so gut geschützt, wie ihr schwächstes Mitglied. Davon ist Prof. Dame Sally Davies, medizinische Beraterin der Regierung Großbritanniens (CMO), überzeugt.
WOW 😮! Hats off to Prof Dame Sally Davies for an incredible 9-yr career as @CMO_England. In her final annual report, she reminds us why investing in global health is the “smart thing to do.” @bbchealth: https://t.co/OuoEWQTd9l
— Global Health Strategies (@GHS) July 25, 2019
Davies spricht aus Erfahrung: Nach neun Jahren als Beraterin Großbritanniens legte sie vor kurzem ihr Amt nieder, um als erste Frau die Leitung einer der traditionsreichsten Universitäten des Landes – dem Trinity College Cambridge – zu übernehmen. Nun veröffentlichte sie ihren ersten Bericht, in dem sie weltweit mehr Einsatz im Kampf gegen die Verbreitung vermeidbarer Infektionskrankheiten fordert.
“Investitionen in die globale Gesundheit sind eine kluge Sache, denn sie sind in unserem gemeinsamen Interesse. Sie ermöglichen uns und zukünftigen Generationen ein besseres Leben. Und sie helfen dabei, unsere Weltbevölkerung zu schützen“, sagt sie.
In ihrem Bericht fordert Davies die Regierung Großbritanniens auf, die Verbreitung von tödlichen Infektionskrankheit mit derselben Intensität und Strategie zu bekämpfen, wie den Terrorismus. Dafür bräuchte es ein ähnliches Vorgehen, das Länder auf der ganzen Welt in ihrem gemeinsamen Kampf gegen diese Krankheiten vereint.
“Jede Gefahr – egal wo auf dieser Welt – ist eine Gefahr für jeden von uns“, sagte Davies dem Telegraph.
Sie mahnte Großbritannien dazu an, eine effiziente Strategie zu entwickeln, um einen Ausbruch von Epidemien wie Ebola im Land zu verhindern. Dafür forderte Davies die Regierung auf, bis zum Ende des Jahres eine Agenda für ihre globalen Gesundheitsziele auszuarbeiten.
Davies fügte hinzu, dass Länder weltweit ihre Zusammenarbeit verstärken müssen, damit jedes Kind auf dieser Welt mit den nötigen Impfstoffen versorgt werden kann. Nur durch eine enge Zusammenarbeit könnten Ausbrüche von Krankheiten verhindert werden. Das gilt auch für andere Gefahren für die Gesundheit, wie etwa Mangelernährung und Umweltverschmutzung.
“Um die Gesundheit zu verbessern, müssen wir uns von der traditionellen Gesundheitsforschung lösen und den Einfluss von Faktoren wie Umweltverschmutzung, der Verbreitung von gesundheitsgefährdenden Fehlinformationen, antimikrobieller Resistenzen (AMR) und kommerzieller Aktivitäten (wie der Produktion und Werbung von ungesunden Nahrungsmitteln) anerkennen“, erklärt Davies in ihrem Bericht.
Viele der von Davies angeführten Faktoren finden sich auf der diesjährigen Liste der zehn größten Bedrohungen für die globale Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wieder. Dazu zählen auch die fortschreitende Luftverschmutzung, der Klimawandel, die zunehmende Skepsis gegenüber Schutzimpfungen sowie Ebola und andere hochgefährliche Krankheitserreger.
Ein besonderes Problem ist das Phänomen der anhaltenden Abneigung oder Verweigerung von Impfungen trotz der grundsätzlichen Verfügbarkeit von Impfstoffen. Denn diese Impfskepsis gefährdet die Erfolge, die auf dem Gebiet vermeidbarer Infektionskrankheit bereits erreicht wurden.
Laut WHO verzeichnet die Infektionsrate mit Masern einen globalen Anstieg von 30 Prozent. Daran habe die wachsende Bewegung von Impfgegnern einen großen Anteil. Auch wenn das Aussetzen von Impfungen laut WHO nicht allein für diesen Anstieg verantwortlich gemacht werden kann, würden Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, das Risiko für Krankheitsausbrüche erhöhen. Denn obwohl Masern in den USA offiziell im Jahr 2000 ausgerottet wurden, sind dieses Jahr zwischen Januar und Juli 1123 Neuinfektionen mit Masern registriert worden.
In ihrem Bericht geht Davies auch auf die Bedrohung durch Luftverschmutzung ein – laut WHO die aktuell größte Umweltgefahr für die menschliche Gesundheit.
Derzeit atmen neun von zehn Menschen jeden Tag verunreinigte Luft ein. Die mikroskopisch kleinen Schmutzpartikel können über die dünnen Schleimhäute unserer Atemwege eindringen und schaden der Lunge, dem Herz und Gehirn. Etwa sieben Millionen Menschen sterben jedes Jahr frühzeitig an damit in Verbindung stehenden Krankheiten wie Krebs, Schlaganfällen, Herz- oder Lungenleiden.
Die von Davies geforderte Zusammenarbeit auf internationaler Ebene hat sich erst kürzlich bewährt. Dank einer Kooperation Großbritanniens mit dem nigerianischen Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention konnten die Auswirkungen eines Ausbruchs der sogenannten “Affenpocken“ in Schach gehalten werden.
Diese Krankheit hat einen ähnlichen, wenn auch milderen Krankheitsverlauf wie eine Infektion mit Masern. Obwohl “Affenpocken“ vorwiegend in Zentral- und Westafrika vorkommen, tauchte der Virus im vergangenen Jahr ebenfalls in Großbritannien auf.
Denn Krankheiten “kennen keine Grenzen“, wie Davies es formulierte.
Davies ist überzeugt, dass der Nationale Gesundheitsdienst Großbritanniens (NHS) ebenfalls von dem Wissen und den Erfahrungen anderer Länder profitieren könnte.
“Wir sollten in Methoden und Lösungen investieren, die dazu beitragen, Gesundheit gleichberechtigter, sicherer und nachhaltiger zu gestalten“, so Davies.
Viele internationale Organisationen und Programme setzen sich im Kampf gegen tödliche – aber heutzutage vermeidbare – Infektionskrankheiten ein. Diese drei sollte man kennen:
Polio (auch Kinderlähmung genannt) ist eine Infektionskrankheit, die sich über verunreinigte Lebensmittel und schmutziges Wasser verbreitet und zu lebenslangen Lähmungen führen kann. Vor allem Kinder unter fünf Jahren sind besonders gefährdet. Die GPEI ist ein Zusammenschluss der WHO, UNICEF, Rotary International und der US-Seuchenbekämpfungsbehörde CDC. Seit 1988 versorgt sie Kinder weltweit mit lebenswichtigen Schutzimpfungen. Mehr dazu hier.
Aids, Tuberkulose und Malaria gehören zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) haben sich im Rahmen der nachhaltigen Entwicklungsziele dazu verpflichtet, diese globalen Epidemien bis 2030 auszurotten. Mit dem Globalen Fonds werden Impfkampagnen und der Ausbau von Gesundheitssystemen weltweit gefördert. Mehr dazu hier.
Gleichberechtigung der Geschlechter und dem Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Kinder einsetzen. Mehr dazu hier.