Wer genau ist Vanessa Nakate?
Wenn wir Wikipedia fragen, erfahren wir, dass sie eine ugandische Aktivistin für Klimagerechtigkeit ist. Das ist wahr.
Wenn wir einen der Digital Campaigns Manager von Global Citizen, Jordan Devon, fragen, wird er sagen, dass Nakate "die Beyoncé der Klimaschutzaktion" ist. Was auch wahr ist, zumindest für Jordan.
Fragen wir "das Internet", erfahren wir, dass sie eine Klimaaktivistin, die Gründerin der Rise Up-Bewegung, die Leiterin der ersten Fridays for Future-Klimastreiks in Uganda, eine Unicef Goodwill Botschafterin und seit kurzem Gewinnerin des Global Goalkeeper Awards der Gates Foundation für 2022 ist. All diese Dinge sind auch wahr.
Wenn wir jedoch Vanessa Nakate selbst fragen, würde sie die Zeit sehr wahrscheinlich nutzen, um uns von all den anderen beeindruckenden Aktivist*innen aus dem Globalen Süden zu erzählen, die wir kennen sollten. Die Stimmen des Globalen Südens wurden lange Zeit in den Hintergrund gedrängt, vor allem, wenn es um Gespräche über die Klimakrise und ihre Auswirkungen geht. Nakates internationale Bühne gehört nicht ihr allein, sondern sie teilt sie mit so vielen Aktivist*innen und Bürger*innen des Globalen Südens, wie es ihr möglich ist.
"Wenn jemand sagt: 'Du bist die Vertreterin des afrikanischen Kontinents', dann sage ich: 'Nein. Ich komme aus Uganda und die Klimabewegung hat mehr als nur ein Gesicht'", erzählt sie uns. "Ich finde, dass es verdeckt, was alle anderen tun und doch haben alle Aktivist*innen eine Geschichte und jede Geschichte hat eine Lösung zu bieten und jede Lösung kann ein Leben verändern."
Der Versuch, Nakate durch ihre Titel zu definieren, erklärt nicht wirklich, wer sie als Individuum ist. Deshalb haben wir uns gedacht, dass wir etwas anderes versuchen sollten: Wir wollten herausfinden, wer Vanessa Nakate NICHT ist.
Sie ist nicht das Gesicht der Klimabewegung
Eigentlich ist das niemand und das ist auch gut so.
Nakate allein wird die Klimakrise nicht beenden können, denn ihre Auswirkungen sehen für jeden Menschen anders aus. Auch wenn die 25-Jährige ein bekanntes Gesicht ist, dessen Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Kampf gegen die Krise leistet, betont Nakate, dass es so viele Menschen im Globalen Süden gibt, deren Stimmen und Erfahrungen auf die globale Bühne gebracht werden müssen.
"Ich denke, die Medien haben eine große Verantwortung, über die Klimakrise allgemein zu berichten, aber eine noch viel größere Verantwortung, die Geschehnisse in den Communities, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind, hervorzuheben, vor allem in den Communities im Globalen Süden", sagt sie.
Die Medien und Organisationen verlassen sich auf die Stimme einer Person aus dem Globalen Süden, die bereits auf der internationalen Bühne steht und nutzen deren Erfahrung und Wissen immer wieder, um zu definieren, wie der Globale Süden als Ganzes für den Rest der Welt aussieht.
"Oft wollen sie keine anderen Personen interviewen oder sie wollen nicht, dass andere auf ihrer Konferenz sprechen, sondern nur du", erklärt Nakate. "Sie sagen, sie seien inklusiv, wenn es darum geht, Stimmen aus Afrika auf Klimakonferenzen zu hören, aber einige der Organisationen meinen damit: 'Ja, wir sind inklusiv, aber nur gegenüber dir oder jemandem, der das gleiche Kaliber hat wie du.' Damit wird die Arbeit, die alle anderen Aktivist*innen leisten, ignoriert."
Der Kampf gegen die Klimakrise erfordert Zusammenarbeit und individuelle Lösungen für jede einzelne Situation. Es gibt nicht nur einen einzigen Menschen, der aktiv ist.
"Die Klimabewegung ist mehr als ein Gesicht oder zwei Gesichter oder drei Gesichter; sie muss als eine globale Bewegung betrachtet werden. Nur so werden wir Klimagerechtigkeit erreichen, indem wir sicherstellen, dass wir jede Geschichte und jede Erfahrung berücksichtigen. Was ich in Uganda erlebe, wird sich von dem unterscheiden, was ein*e Aktivist*in in Kenia erlebt, oder jemand aus Südafrika, oder jemand aus Pakistan", fügt Nakate hinzu.
Zu den Aktivist*innen, die sie besonders hervorhebt, gehören Isaac Ssentumbwe aus Uganda, Aida Nakku, Davis Reuben Sekamwa und Evelyn Acham. Sie lobt auch Adenike Oladosu aus Nigeria und Elizabeth Wathuti aus Kenia und betont, dass es noch viele andere gibt.
Sie ist nicht immer nur Aktivistin
Es gibt eine gesellschaftliche Neigung, Menschen über ihre berufliche Tätigkeit zu definieren und das kann Druck erzeugen und reduktionistisch sein. Nakate ist eine ugandische Klimaaktivistin, ja. Aber sie ist auch eine 25-jährige intelligente junge Frau, die Musik liebt (Hillsong ist derzeit ein Favorit auf ihrer Playlist) und die Matooke zu ihren Lieblingsspeisen zählt (eine Mahlzeit aus gedämpften grünen Kochbananen, eine der Nationalspeisen Ugandas). Sie hat sogar gesagt, dass sie es eines Tages für uns kochen wird – psst... wenn du das liest, Vanessa, lass uns wissen, wann du vorbeikommen kannst!
Nakate ist auch Befürworterin für Selbstfürsorge und glaubt, dass dies einer der Schlüssel zum Kampf gegen das gefürchtete Ungeheuer Klimakrise ist.
"Aktivismus ist natürlich mit viel Arbeit verbunden. Viel Organisieren, viel Mobilisieren und viel Sprechen über das, was passiert", sagt sie. "Es stimmt, dass junge Menschen oft nicht in der Lage sind, ihre Kindheit oder ihre Jugend zu erleben, weil sie sich ständig organisieren und mobilisieren müssen. Sie müssen all diese Frustrationen erleben, das kann für viele Menschen sehr beunruhigend sein und deshalb ist Selbstfürsorge sehr wichtig. Mein Rat wäre, dass wir uns selbst, unser Leben und unsere mentale Gesundheit in den Vordergrund stellen, denn der Planet, für den wir kämpfen, braucht uns auch zum Leben", erklärt sie.
"Wir können uns nur dann besser um den Planeten kümmern, wenn es uns auch selbst gut geht", fährt sie fort. "Während wir uns für Klimagerechtigkeit einsetzen und kämpfen, ist es wirklich wichtig, dass junge Menschen ihrer psychischen Gesundheit und ihrer eigenen Selbstfürsorge Priorität einräumen, um herauszufinden, was es für sie bedeutet."
Sie ist kein Fan davon, die Klimakrise nur mit Zahlen zu belegen
Nakate betont, dass die Klimakrise ein menschliches Problem ist und dass Zahlen zwar wichtig sind, um es zu verstehen, dass aber ihr übermäßiger Gebrauch von den menschlichen Auswirkungen ablenkt. Als Beispiel sprach sie von ihrem Besuch mit Unicef in Turkana, Kenia, wo sie mit einer Gemeinde in Kontakt kam, die von einer der schwersten Dürren in Afrika betroffen war.
"Ich habe verschiedene Mütter und Kinder kennengelernt, die an Unterernährung leiden. Ich habe auch einige Kinder kennengelernt, die von schwerer akuter Unterernährung betroffen sind", sagt sie. "Es ist sehr traurig zu sagen, dass eines der Kinder, das ich an diesem Tag getroffen habe, den nächsten Tag nicht überlebt hat. Es verstarb noch am selben Abend. Das hätte ein vermeidbarer Tod sein müssen, es hätte eine vermeidbare Krise sein müssen.”
Sie führt fort: "Ich glaube, meine Befürchtungen beziehen sich darauf, was die Klimakrise tatsächlich für Communities und einzelne Familien bedeutet, abgesehen von den Statistiken, die besagen, dass die Dürre am Horn von Afrika 20 Millionen Menschen betrifft. Wenn du dort bist, kannst du die Kämpfe, die Qualen und den Schmerz der Menschen in diesen Communities wirklich verstehen. Ich glaube, ich habe Angst davor, dass weiterhin Menschen sterben, denn dies ist eine Echtzeitkrise. Das ist nicht etwas, worüber wir nur reden und was in der Zukunft kommt, sondern etwas, das genau jetzt gerade passiert.”
Sie ist nicht daran interessiert, weiter zu reden anstatt zu handeln
"Ich erinnere mich, dass auf der COP26 die Diskussion über Verluste und Schäden immer intensiver wurde und es wurde immer gefordert, dass wir einen separaten Fonds für Verluste und Schäden brauchen, um die Communities zu unterstützen, die bereits damit konfrontiert sind", sagt sie.
"Natürlich wurde dies auf ein Gespräch, auf einen Dialog reduziert", fährt sie fort. "Wir müssen über Reden hinausgehen, denn während geredet wird, stirbt ein Kind, flieht eine Familie auf der Suche nach Wasserquellen und Nahrung, leiden Menschen weiter."
Sie fügt hinzu: "Ein Gewinn [für Schäden und Verluste durch die Klimakrise] wäre die Einrichtung eines separaten Fonds für Schäden und Verluste, der für die Länder und Communities eingerichtet wird, die von Schäden und Verlusten betroffen sind und in den auch echte Gelder fließen, denn das ist es, was wir brauchen, um die Probleme anzugehen."
Also, wer nun ist Vanessa Nakate?
Vanessa Nakate ist auf jeden Fall eine Erinnerung daran, wie unsere Welt sein sollte. Sie erinnert uns daran, dass der Kampf gegen die Klimakrise kein Kampf des Einzelnen ist, sondern ein Kampf des Kollektivs. Sie erinnert uns daran, dass es wichtig ist, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, während man die Welt verändert. Sie erinnert uns daran, dass wir, wenn wir für den Schutz des Planeten kämpfen, auch dafür kämpfen, uns selbst zu schützen.
Dieses Interview wurde dank der Gates Foundation Goalkeepers 2022 ermöglicht. Lies hier mehr über Vanessa Nakate und andere Aktivist*innen, die als GoalKeepers 2022 geehrt werden.
Du kannst dich Global Citizens auf der ganzen Welt anschließen, um Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise zu ergreifen. Hier findest du unsere Kampagnenseite zum Klimaschutz und Aktionen, die du jetzt durchführen kannst, um die Staats- und Regierungschef*innen der Welt zum Handeln aufzufordern.