Jede dritte Frau wird im Laufe ihres Lebens geschlechtsspezifische Gewalt erfahren. Dieser Fakt schockiert mich und dennoch spiegelt er genau die Realität wider, in der meine Freundinnen schulterzuckend und hoffnungslos vor mir sitzen, weil solche Situationen Gang und Gäbe sind.
Dabei sollten Frauen und Mädchen ohne Angst vor Belästigung oder Gewalt leben können. Sie sollten frei über ihren eigenen Körper entscheiden können. Sie sollten in Sicherheit leben können, ganz egal ob in ihrer Wohnung, auf der Straße, im Nachtclub oder in der digitalen Welt des Internets. Denn die Rechte von Frauen sind Menschenrechte – und die gilt es zu fördern und zu schützen.
Aus diesem Grund wurde 1991 die internationale Kampagne “16 Days of Activism” ins Leben gerufen. Vom 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, machen wir darauf aufmerksam, dass Gewalt an Frauen und Mädchen bekämpft werden muss.
Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein reines Frauenprojekt – denn natürlich werden wir der Problematik ohne die Bemühungen von Männern und Jungen niemals ein Ende setzen können.
Wie können sich Männer und Jungen also am besten engagieren? Wir haben eine Übersicht zu verschiedenen Möglichkeiten zusammengestellt, wie Männer und Jungen sich im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt mit Frauen und Mädchen verbünden können.
1. Schaffe ein sicheres Umfeld für Kinder
Laut der brasilianischen Nichtregierungsorganisation Promundo, die Männer und Jungen in die Gleichstellung der Geschlechter einbezieht, können Männer für ein sicheres Umfeld für Kinder sorgen – ob zu Hause, in der Schule oder in der Gemeinde.
Demnach haben Studien in 24 von 27 Ländern gezeigt, dass Menschen, die in ihrer Kindheit oder im Kontext von Konflikten Gewalt ausgesetzt sind/waren, diese in Verbindung mit der Gewaltanwendung von Männern gegen ihre Partnerinnen erfahren haben. Hierbei handelt es sich um einen Kreislauf der Gewalt, der beendet werden muss und dafür muss die Sicherheit für Kinder verbessert werden.
2. Beteilige dich aktiv an der Erziehung der (eigenen) Kinder
Laut dem Bericht “State of the World's Fathers“, der 2019 von Promundo veröffentlicht wurde, fördern Männer, die sich an der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder beteiligen, eine engere Bindung und Beziehung zu ihnen.
Die Ergebnisse des Berichts zeigen auch, dass eine stärkere Einbindung der Väter in die Kinderbetreuung sowohl für Frauen und Kinder als auch für die Männer selbst Vorteile bringt. Promundo hebt ferner hervor, dass es einen Zusammenhang zwischen einer stärkeren Beteiligung der Männer an der Betreuungsarbeit und einem Rückgang der Gewalt von Männern gegen Frauen geben kann.
3. Schluss mit schädlichen Rollenbildern, die toxische Männlichkeit fördern
“Jungen weinen nicht.” Wahrscheinlich hast du schon einmal von dem Begriff “toxische Männlichkeit“ (oder toxic masculinity) gehört. Er steht für traditionell männliche Eigenschaften und deren negative Auswirkungen. Attribute wie Stärke, Emotionslosigkeit und Dominanz können zu Verhaltensweisen wie sexueller Aggression oder Kontrolle, Unterdrückung von Gefühlen und Gewaltbereitschaft führen.
Die Beseitigung der “toxischen Männlichkeit“ ist daher von entscheidender Bedeutung, nicht nur zum Wohle von Frauen und Kindern, sondern auch von Männern – denn die enorm hohe Selbstmordrate bei Männern kann zum Teil auf das männliche Rollenbild zurückgeführt werden demzufolge das Zeigen von Gefühlen “nicht männlich“ sind.
Laut Children's Dignity Forum (CDF) müssen Männer eine tragende Rolle spielen, um Jungen dabei zu helfen, sich von diesen schädlichen Rollenbildern zu lösen. Das bedeutet, dass Gefühle wie Angst, Trauer aber auch Freude zum Menschsein dazugehören und dementsprechend auch zum Repertoire eines Jungen und Mannes zählen und gezeigt werden dürfen.
4. Sorge dafür, dass Frauen sich trauen zu sprechen und dass ihnen zugehört wird
Es gilt für eigentlich jedes Problem: Bevor wir wirksam handeln können, müssen wir verstehen, was gebraucht wird – bei geschlechtsspezifischer Gewalt bedeutet das, wir müssen Frauen und Mädchen zuhören.
Wie UN Women betont, ist eine Frau, die über ihre Erfahrung mit Gewalt erzählt, der erste Schritt, um den Kreislauf des Missbrauchs zu durchbrechen. Wir alle (nicht nur Männer) können sie unterstützen, indem wir für einen sicheren Raum sorgen, den Frauen brauchen, um ihre Stimme zu erheben.
Doch anstatt nur Betroffenen zuzuhören, müssen wir auch Aktivist*innen und Expert*innen zu Wort kommen lassen, um zu erfahren, was zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt notwendig ist. Noch einen Schritt weiter kommen wir, wenn wir dafür sorgen, dass alle Frauen in allen Bereichen ihres Leben – von ihrem Zuhause über Schule und Arbeitsplatz bis hin zu ihrem generellen Umfeld – Gehör finden.
5. Unterstütze Frauenorganisationen und -angebote auf der ganzen Welt und bei dir vor Ort
Die COVID-19-Pandemie und der damit verbundene Lockdown haben die Gewalt gegen Frauen und Mädchen verschärft und damit die Nachfrage nach Unterstützungsangeboten erhöht. Diese haben wiederum selbst Beeinträchtigungen ihrer Arbeit erlebt.
Doch die Angebote und Organisationen spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt und der Unterstützung von Betroffenen, denn sie stellen Unterkünfte, Hotlines und Beratungsstellen.
Informiere dich über die Dienste und Organisationen bei dir vor Ort und finde heraus, inwieweit du sie unterstützen kannst – sei es, wenn es dir möglich ist, finanziell, durch Sachspenden oder deine Zeit und Mitarbeit. Du kannst zudem Organisationen in ihrer Arbeit unterstützen, indem du ihre Inhalte über Social Media verbreitest, damit mehr Menschen auf sie aufmerksam werden.
UN Women arbeitet mit Frauenorganisationen auf der ganzen Welt zusammen, um Gewalt gegen Frauen zu beenden, Betroffene zu unterstützen und die Gleichberechtigung zu fördern. Mehr über die Arbeit von UN Women erfährst du hier.
6. Achte auf das Einverständnis deines Gegenübers
Eine sexuelle Handlung ohne Zustimmung ist sexuelle Gewalt. Im Internet gibt es zahlreiche Informationsquellen, um mehr über Einverständnis im sexuellen Zusammenhang zu erfahren – was es bedeutet und warum es im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt so wichtig ist. Die britische Nichtregierungsorganisation Rape Crisis bietet einen guten Einstieg. Doch es lohnt sich, noch weiter zu recherchieren, um das Thema Consent (englisch für Einverständnis) zu verstehen.
Anschließend solltest du das Gelernte in die Praxis umsetzen – und zudem allen, die du kennst, klar machen, warum Consent so wichtig ist.
7. Widersetze dich der Rape Culture
Sexuelle Gewalt ist in unserer Gesellschaft stark normalisiert – von den Medien, die wir konsumieren, bis hin zu Witzen, die wir erzählen (und bei denen wir peinlich berührt mitlachen, weil es uns unangenehm wäre, das Wort zu erheben). Wie UN Women betont, ist der erste Schritt, um Rape Culture (englisch für Vergewaltigungskultur) zu überwinden, das Problem zu benennen.
Wir haben jeden Tag die Möglichkeit, unser Verhalten, unsere Worte und Taten zu hinterfragen und darüber nachzudenken, wie wir ungewollt zu einer Gesellschaft beitragen, die Frauen und Mädchen herabsetzt und schädigt.
Hier findest du weitere Informationen von UN Women dazu, wie wir uns gegen eine Gesellschaft, in der Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt geduldet werden, wehren können.
8. Beginne ein Gespräch
Wir lernen sehr viel von den Menschen um uns herum, sei es in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Familie oder im Internet.
Wenn du damit beginnst, ein besserer Verbündeter für Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt zu werden, warum teilst du das, was du lernst, nicht mit den Menschen in deinem Umfeld? Es mag sich zunächst unangenehm anfühlen, aber die Normalisierung von Gesprächen über Sex und sexuelle Gewalt ist wichtig, um Tabus und Stigmata zu brechen, die zu geschlechtsspezifischer Gewalt führen.
Beteilige dich unter dem Hashtag #16Days an der Online-Diskussion zur Kampagne gegen geschlechtsspezifische Gewalt.
9. Ziehe dich und andere gegenseitig zur Verantwortung
Geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt kann viele verschiedene Formen annehmen und an allen möglichen Orten auftreten – online wie offline, in der Schule, am Arbeitsplatz, in einer Bar, auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln – einfach überall.
Du kannst helfen, indem du in entsprechenden Situationen das Wort erhebst und dafür sorgst, dass auch andere Menschen verstehen, warum Catcalling, unangebrachte sexuelle Kommentare und Annäherungen, sexistische Witze und Ähnliches nicht in Ordnung sind.
Frauenrechte sind Menschenrechte – und die gilt es zu fördern und zu schützen. Im Rahmen der 16 Tage des Aktivismus gegen geschlechtsspezifische Gewalt, die vom 25. November bis zum 10. Dezember stattfinden, motivieren wir Global Citizens dazu, auf #16Days aufmerksam zu machen und mehr über Frauenrechte, körperliche Selbstbestimmung und geschlechtsspezifische Gewalt (im Internet) zu erfahren. Erfahre mehr über die #16Days Kampagne und werde hier aktiv.