Vom 2. bis 3. April 2025 kamen 4.500 Menschen aus fast 100 Ländern in Berlin zum dritten Global Disability Summit (GDS) zusammen, der von Deutschland, Jordanien und der International Disability Alliance (IDA) gemeinsam veranstaltet wurde. Ihre Mission: den globalen Fortschritt bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen beschleunigen und Versprechen in konkrete Wirkung verwandeln.
Das große Versprechen: „15 % für die 15 %“
Einer der bedeutendsten Erfolge des Gipfels war die Einführung eines konkreten, messbaren Ziels: Mindestens 15 % der Entwicklungsprojekte sollen direkt der Inklusion von Menschen mit Behinderungen zugutekommen. Unter dem Motto „15 % für die 15 %“ (in Anlehnung an die geschätzten 15 % der Weltbevölkerung mit Behinderungen) markiert dieses Ziel einen wichtigen Wandel von vagen Absichtserklärungen hin zu greifbaren Fortschritten.
Die Verpflichtung ist in der Amman-Berlin-Erklärung verankert, die von über 90 Regierungen und Organisationen unterzeichnet wurde. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze brachte es auf den Punkt: „Die Amman-Berlin-Erklärung ist ein echter Durchbruch für die Rechte von Menschen mit Behinderungen weltweit. Zum ersten Mal gibt es ein messbares Ziel dafür, wie internationale Zusammenarbeit zur Inklusion beitragen kann.“
Doch es bleibt eine wichtige Frage: Warum gibt es nur 80 Unterzeichnende, obwohl 192 Länder die UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD) ratifiziert haben? Diese Lücke zeigt, wie wichtig breitere globale Einigkeit und stärkere Rechenschaftspflicht sind.
Auch besorgniserregend: Die Erklärung ist ambitioniert, aber rechtlich nicht bindend. Da sie keine Durchsetzungsmechanismen oder garantierte Finanzierung enthält, ist das Risiko klar: Ohne anhaltenden Druck könnte dieses Versprechen zu bloßer Symbolik verkommen.
Worauf es jetzt ankommt:
- Umsetzung bis 2028: Werden Regierungen und Geberländer handeln, bevor die Zeit abläuft?
- Finanzielle Transparenz: Werden Länder ihre inklusionsbezogenen Ausgaben öffentlich machen?
- Breitere Annahme: Kann die Erklärung mehr Unterzeichnende – und damit Dynamik – gewinnen?
- Politische Verankerung: Werden die Ziele in nationale Gesetze und Haushalte aufgenommen?
- Krisenreaktion: Werden Menschen mit Behinderungen in fragilen Kontexten endlich priorisiert?
Dieser Moment verlangt sowohl Anerkennung als auch kritische Beobachtung. Das Versprechen „15 % für die 15 %“ ist ein Meilenstein – aber seine Umsetzung erfordert unermüdliches Engagement und Zusammenarbeit.
800+ Zusagen, 4.500 Stimmen
Der Gipfel wurde von 4.500 Teilnehmer*innen aus fast 100 Ländern besucht. In über 60 Sitzungen wurden mehr als 800 Zusagen gemacht – von inklusiver Bildung und Hilfstechnologien bis hin zu Beschäftigung und darüber hinaus.
Bundesministerin Schulze sagte: „Jede einzelne Zusage bringt die Welt der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention einen Schritt näher. In einer Zeit, in der manche die Macht des Stärkeren durchsetzen wollen, sendet dieser Gipfel eine starke Botschaft der Mitmenschlichkeit. Gemeinsam setzen wir ein Zeichen gegen jeden Versuch, Teilhabe und Inklusion anzugreifen.“
Unter den wichtigsten Zusagen: UNICEF verpflichtete sich, bis 2030 jährlich 10 % seines Budgets für Kinder mit Behinderungen einzuplanen und inklusive Dienste in 50 Ländern auszubauen. Das britische Außenministerium kündigte ein Investitionsprogramm für Hilfstechnologien in Höhe von 60 Millionen US-Dollar im Rahmen von AT2030 an und übernimmt die Co-Leitung des Global Action on Disability (GLAD) Netzwerks. IDA versprach, Organisationen von Menschen mit Behinderungen in über 100 Ländern zu unterstützen, ein Jugendprogramm zu starten und mit dem UN Global Disability Fund zusammenzuarbeiten, um die Umsetzung der CRPD voranzutreiben. Deutschland und die Afrikanische Union stellten eine Partnerschaft zur Stärkung von OPDs in Afrika vor – mit Fokus auf junge Menschen und Frauen. Der Bildungsfonds Education Cannot Wait, gemeinsam mit Deutschland, Großbritannien und der Girls’ Education Challenge, sagte zu, Daten und Rechenschaftspflicht in der inklusiven Bildung zu verbessern. Eine vollständige Liste der Zusagen findet sich hier.
Global Citizen veranstaltete am Rande des Gipfels einen Fireside Chat, um die zentrale Frage zu diskutieren: Wie können wir die Unterstützung für Menschen mit Behinderungen schützen und ausbauen, wenn die Finanzmittel für Entwicklungszusammenarbeit stetig gekürzt werden?
Zu den Sprecherinnen auf dem Panel gehörten Dr. Ola Abu Alghaib (Direktorin des UN Global Disability Fund), Miríam Ciscar Blat (stellvertretende Direktorin des spanischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit) und die Aktivistin Abia Akram (Gründerin des National Forum of Women with Disabilities in Pakistan). Die Diskussion betonte die Dringlichkeit kollektiven Handelns zur Sicherung der Rechte von Menschen mit Behinderungen angesichts sinkender Entwicklungsgelder.
Inklusion beginnt mit Repräsentation
Ein zentrales Thema des Gipfels: Wahre Inklusion erfordert gemeinsame Führung und Partnerschaft mit Menschen mit Behinderungen. Wie IDA-Präsident Nawaf Kabbara betonte: Wir müssen von „Inklusion für Menschen mit Behinderungen“ zu „Inklusion mit Menschen mit Behinderungen“ übergehen.
Sanja Tarczay, Präsidentin der World Federation of the Deafblind (WFDB), fügte hinzu: „Ohne Finanzierung kann die UN-Behindertenrechtskonvention nicht umgesetzt werden. Inklusion muss auf allen Ebenen angemessen und planbar finanziert werden – mit konkreten Budgetlinien und Zielen, um die Kluft zwischen politischem Willen und gelebter Realität zu überwinden.“
Wie geht es weiter?
Der Global Disability Summit 2025 hat uns einen Fahrplan und eine Herausforderung hinterlassen. Wir haben nun die Werkzeuge, Stimmen und Zusagen, um eine inklusivere Welt zu schaffen. Aber der Fortschritt bis 2028 hängt von Taten, Sichtbarkeit und politischem Willen ab. Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt: Diese Versprechen in messbare Veränderungen für alle, überall, umzusetzen.