Frauen in Saudi-Arabien ist es seit diesem Monat erlaubt, ohne Einverständnis eines männlichen Vormunds zu arbeiten und zu studieren.
Laut der britischen Zeitung Independent wurde die neue Regelung von König Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud persönlich genehmigt. Das Staatsoberhaupt will damit das Land modernisieren, um die saudi-arabische Wirtschaft zu stärken.
Frauen dürfen ab sofort sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor arbeiten, studieren, Krankenhausbehandlungen für sich veranlassen und sich selbst vor Gericht repräsentieren. Für all diese Angelegenheiten brauchten Frauen bisher einen männlichen Vormund, sagt Maha Akeel, eine Frauenrechtsaktivistin gegenüber der Thomson Reuters Foundation.
„Die neue Regelung regt endlich die Diskussion über den Sinn einer Vormundschaft für Frauen an“, sagt Akeel. „Frauen sind selbstständig und können sich sehr gut um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.”
Verglichen mit den aktuellen Umständen im Land, in dem nicht nur die Bewegungsfreiheit von Frauen stark unterdrückt wird, kann dies durchaus als Gewinn für die Rechte der Frauen in Saudi-Arabien gesehen werden. Optimisten sehen Anlass zur Hoffnung, dass das Land ein neues Kapitel in Sachen Gleichberechtigung aufschlägt und das System der Vormundschaft langsam aber sich vor dem Aus steht.
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Akeel gibt allerdings zu bedenken, dass die neue Regelung bei weitem nicht allen Frauen zugutekommen wird: je nach Fall wird nach wie vor ein männlicher Vormund gebraucht.
Bisher sieht der Bewegungsfreiraum von Frauen in Saudi-Arabien wie folgt aus: gestattet der männliche Vormund - dies kann der Ehemann, Vater oder Bruder sein - einer Frau nicht, das Haus zu verlassen, kann die Frau wenig bis garnichts daran ändern. Das hat in den letzten Jahren zu einigen katastrophalen Situationen geführt. 2002 starben 15 Mädchen durch ein Feuer in ihrer Schule, weil die Scharia-Polizei sie u.a. nicht ohne männliche Begleitung auf die Straße lassen wollte.
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Die neue Maßnahme folgt einer Reihe weiterer Reformen und Änderungen, die in den letzten Jahren in Saudi-Arabien eingeführt wurden.
Letztes Jahr zum Beispiel wurden der Scharia-Polizei die Rechte entzogen, Bürgerinnen und Bürger ohne Grund zu belästigen, sie zu verfolgen oder sie zu verhaften. Durch diesen Schritt wurde für Frauen die Möglichkeit, am öffentlichen Leben teilzunehmen, bereits zumindest ein wenig vereinfacht.
2015 durften Frauen zum ersten Mal wählen und gewählt werden. Zwar waren Frauen noch immer auf die Erlaubnis ihres männlichen Vormunds angewiesen, aber es war zumindest ein erster spürbarer Schritt. Das zeigte sich auch in der Zahl der 1.000 Kandidatinnen, die sich zur Wahl stellten.
Letztes Jahr forderten rund 2.500 Frauen in Saudi-Arabien, die Vormundschaft im Land endlich ganz abzuschaffen. Weitere 14.000 Frauen unterschrieben eine Petition mit dem Hashtag #IAmMyOwnGuardian - ein Signal, das die weit verbreiteten Unruhen widerspiegelt.
„Die männliche Vormundschaft ist unislamisch und demütigend für Frauen“, sagt Akeel. „Manche Männer nutzen die Vormundschaft für ihre eigenen Vorteile aus und missbrauchen ihre Position.“
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Das mittlerweile auch immer mehr Frauen eine juristische Karriere einschlagen und ihren Stimmen in Gerichtssälen Gehör verschaffen, kann als gutes Omen für die Zukunft gesehen werden.