Die Filmindustrie und Medien können gesellschaftliche Strukturen und Denkmuster im Hinblick auf Geschlechterungleichheit beeinflussen – im Guten wie im Schlechten.
Kinder werden von klein auf von in den Medien abgebildeten Geschlechterrollen beeinflusst. Beispielsweise können Medien Vorlieben für geschlechtsspezifische Interessen, Berufe, Charakterzüge und Lebensziele prägen. Zudem tragen Geschlechterstereotype und Unterrepräsentation von Frauen in den Medien zu geschlechtsspezifischer Benachteiligung und Gewalt bei.
Mehr mediale Inhalte von, für und über Frauen zu veröffentlichen, ist ein notwendiger Schritt, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben und sicherzustellen, dass Frauen und Mädchen gleiche Chancen auf Bildung, Jobs und Wohlstand haben. Wenn sich Randgruppen, darunter Frauen und Mädchen, Menschen, die sich als LGBTQIA+ identifizieren, People of Color und Menschen mit Behinderungen nicht repräsentiert sehen, fehlt es ihnen an Vorbildern.
Die folgenden Zahlen zeigen, warum wir uns alle dafür einsetzen müssen, dass Frauen stärker in den Medien vertreten sind – und du kannst gleich damit beginnen, indem du dich hier mit uns gemeinsam dafür einsetzt, dass mehr Wikipedia-Seiten über Frauen veröffentlicht werden.
1. Nur 20 Prozent aller Expert*innen in Nachrichten sind Frauen
Unbewusste Voreingenommenheit, knappe Fristen, ein Mangel an weiblichen Führungskräften in verschiedenen Branchen und kulturelle Herausforderungen erschweren es Journalist*innen, weibliche Expertinnen in ihren Artikeln zu Wort kommen zu lassen.
Das unverhältnismäßig geringe Auftauchen von Expertinnen in den Medien hat jedoch schwerwiegende Folgen: Wenn männlichen Experten der Vorzug gegeben wird, fällt die harte Arbeit von Frauen unter den Tisch und die öffentliche Anerkennung, die sie verdienen, bleibt aus.
Frauen trotz Fachwissen in ihren Bereichen auszuschließen, verstärkt zudem die Vorstellung, dass die Rolle der Frau darin besteht, Männer bei deren Arbeit zu unterstützen. Das Ungleichgewicht kann auch mit dem höheren Anteil von Männern in Macht- und Autoritätspositionen zusammenhängen sowie der Tendenz von Frauen, aufgrund gesellschaftlicher Konditionierung weniger Selbstvertrauen in ihr Wissen zu haben.
Die COVID-19-Pandemie hat die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei Nachrichtenexpert*innen noch deutlicher gemacht. Eine Analyse von mehr als 146.800 COVID-19-bezogenen Artikeln auf 15 großen Nachrichtenseiten in den USA, Großbritannien und Australien ergab, dass nur ein Drittel der Zitate zur Pandemie von Frauen stammt. Von denjenigen, die zu Epidemiologie und Fragen der öffentlichen Gesundheit zitiert wurden, war nur ein Viertel weiblich.
In Artikeln über die Auswirkungen der Pandemie auf Kinderbetreuung und häusliche Gewalt wurden Frauen mehr als doppelt so häufig zitiert wie Männer. Doch weniger als eine von sechs Personen, die zu Finanz- und Wirtschaftsthemen zitiert wurde, ist weiblich.
2. Nur 24 Prozent der in Zeitungs-, Fernseh- und Radionachrichten abgebildeten Menschen sind Frauen.
Das Global Media Monitoring Project (GMMP) führte 2015 die größte Studie über die Beteiligung und Repräsentation von Frauen an und in Medien durch. Sie erstreckte sich über 20 Jahre und 114 Länder und stellte fest, dass weniger als ein Viertel der in Medien abgebildeten Menschen Frauen sind. Wenn Frauen in den Nachrichten vorkommen, berichten sie eher über ihre persönlichen Erfahrungen, die öffentliche Meinung oder ihre Erlebnisse als Augenzeuginnen.
Wenn die Gleichstellung der Geschlechter in den Nachrichten den Status quo in der Gesellschaft widerspiegelt, wird es mindestens ein Dreivierteljahrhundert dauern, bis Geschlechterparität erreicht ist.
3. Nur 4 Prozent aller Nachrichtenbeiträge behandeln Geschlechterstereotype ausdrücklich kritisch.
Stereotype immer weiterzugeben, ist schädlich für die Gesellschaft, denn sie schränkt Menschen dabei ein, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, ihren Wunschberuf zu ergreifen und selbst über ihr Leben zu entscheiden.
Laut einer von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) durchgeführten Analyse von Medieninhalten verstärkt fast die Hälfte der Nachrichten – 46 Prozent – Geschlechterstereotype. Die ILO kam zu dem Schluss, dass entsprechende Darstellungen in den Medien die Benachteiligung von Frauen und Mädchen normalisiert. Darüber hinaus neigen Print- und digitale Medien dazu, Frauen stereotyp darzustellen, indem sie sie als Ehefrauen oder Mütter, unterwürfig, leidend, nur im häuslichen Kontext oder als Feindin einer anderen Frau zeigen.
4. Frauen sind in nur 16 Prozent der Fälle Teil der politischen Berichterstattung.
Dass Frauen in der Politik unterrepräsentiert sind, ist ein globales Problem. In der GMMP-Studie von 2015 waren Frauen in der politischen Berichterstattung drei Prozentpunkte weniger präsent als fünf Jahre zuvor.
Nur in 22 Ländern stehen Frauen an der Spitze des Staates oder der Regierung. 119 Länder hatten noch nie eine Frau an der Spitze. Schätzungen zufolge werden Frauen erst in 130 Jahren so häufig wie Männer in Machtpositionen vertreten sein. Dabei können alle Gesellschaften von mehr Frauen in Führungspositionen profitieren. Denn die politische Beteiligung von Frauen stärkt häufig die Demokratie, stellt die Bedürfnisse der Bürger*innen in den Mittelpunkt, verbessert die Zusammenarbeit über Partei- und Kulturgrenzen hinweg und fördert eine nachhaltigere Zukunft.
5. Nur 6 Prozent der Nachrichtenbeiträge befassen sich mit Fragen der Gleichstellung oder der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.
Nicht nur Frauen im Allgemeinen erfahren in den Medien wenig Aufmerksamkeit, sondern auch Gleichstellungsfragen.
Wenn die Ungleichheiten, die Frauen erleben, nicht publik gemacht werden, ist weniger Menschen klar, dass es überhaupt Probleme gibt, die angegangen werden müssen. Werden Herausforderungen und Hindernisse von Frauen ignoriert, so könnte dies vermitteln, dass Benachteiligungserfahrungen unwichtig oder Einzelfälle sind. Erfolge in der Gleichstellung der Geschlechter medial hervorzuheben, kann der Gesellschaft hingegen Hoffnung geben, dass sich die Welt in die richtige Richtung bewegt.
6. Reporterinnen sind nur für 37 Prozent der Berichte verantwortlich.
Haben Frauen – bildlich gesprochen – einen Platz am Tisch, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie noch weiteren Frauen zu Sitzplätzen verhelfen. Mangelnde Repräsentation in Redaktionen und Medienunternehmen führt deshalb auch dazu, dass seltener Geschichten und Themen, die Frauen erleben und bewegen, Teil der Medien sind. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit darauf, dass ein Beitrag Genderstereotype kritisch behandelt, doppelt so hoch, wenn er von einer Journalistin stammt.