Anm. der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 24.06.21 aktualisiert.
Vergiss, was du jemals in Erdkunde gelernt hast. Die Welt ist nicht so, wie sie scheint. Die Menschheit wurde von einem flämischen Kartographen hinters Licht geführt. Am besten sollten wir uns alle erst einmal hinsetzen.
Das Wichtigste zuerst: Die Erde ist immer noch rund und keine Scheibe. Das ist schonmal gut zu wissen. Aber was ist nun genau falsch?
In den letzten 500 Jahren haben Kinder auf der ganzen Welt die Länder der Erde immer von der gleichen Karte gelernt. Doch eigentlich gibt es nicht die eine, richtige Abbildung unserer Welt.
Denn es dreht sich alles nur um Macht.
Die meisten werden noch die ganz alten Weltkarten aus den Atlanten kennen. Diese Karten basieren auf der Mercator-Projektion. 1569 erfand der Kartograf Gerardus Mercator diese Kartendarstellung. Zur damaligen Zeit war Europa unterwegs, um die Welt zu entdecken. Und zu kolonisieren. Das hatte auch Auswirkungen auf die Europäer und wie sie die Welt sahen. Am wichtigsten waren den Europäern ihre Handelsrouten nach China oder Indien, denn Europa war der Nabel der Welt und es drehte sich alles um sein Wohlergehen.
Das Problem daran? Der Maßstab! Europa liegt nicht im Zentrum der Welt. Mercator hatte auf seiner Karte einfach den Äquator ein wenig verschoben. Und Nordamerika ist auch nicht so groß wie auf der Karte. In der Realität ist Südamerika zweimal so groß wie Europa. Grönland müsste um das 14-fache kleiner als Afrika sein und um das dreifache kleiner als Australien. Und überhaupt: Alaska erscheint dreimal größer als Mexiko, obwohl die beiden Länder gleich groß sein müssten.
Und das ist der Haken an der Projektion von Mercator. Er übertreibt, was die Größe der alten Kolonialmächte angeht und stellt Länder des Globalen Südens und Kontinente wie Afrika extrem verzerrt und kleiner dar als sie in Wirklichkeit sind. Die Sicht auf die Welt, die wir heute haben? Daran ist (mitunter) Mercators Interpretation der Welt Schuld.
Es gibt aber auch eine andere Karte. Eine Karte, die ohne topografische Vorurteile auskommt und versucht, die Wahrheit widerzuspiegeln. Und das ist diese hier: die Gall-Peters-Projektion.
Discovering the Western-centric distorted perception of countries & continents by looking at the Gall-Peters Projection. pic.twitter.com/mhHZZ1qYrK
— Evelyne Auer (@EvelyneAuer) 21 March 2017
Mehr Leuten ist die Kartenprojektion als Peters-Projektion bekannt, die von Dr. Arno Peters 1974 entwickelt wurde. Hierbei handelt es sich um eine flächentreue Projektion, die versucht, die Länder und Meere der Welt so maßstabsgetreu wie möglich abzubilden - ohne dabei von der Kolonialzeit beeinflusst zu sein.
Allerdings wird keine Karte perfekt sein. Eine zweidimensionale Projektion eines runden Körpers wird immer Fehler aufweisen. Das fällt selbst bei Google Maps auf, die ebenfalls auf der Mercator-Projektion basieren. Dazu musst du dir nur das Pellen einer Orange vorstellen. Die Schale kann nicht glatt auf dem Tisch ausgebreitet werden. Wenn aber ein Online-Kartendienst wie dieser, der von Millionen von Menschen tagtäglich genutzt wird, auf falschen Daten beruht, setzt sich die irreführende Darstellung immer weiter durch.
Aus diesem Grund müssen Weltkarten mit dem religiösen, politischen oder ökonomischen Interesse der gegebenen Strukturen gelesen werden. Dabei dürfen sie nicht als Abbild der Wirklichkeit klassifiziert werden.
Auch die Peters-Projektion hat Schönheitsfehler: es scheint, als habe die Karte Schwangerschaftsstreifen, als ob nicht mehr genügend Land da wäre, um es auf der Karte abzubilden. Aber es ist ein Weg in die richtige Richtung. Ein Weg, die Welt nach Jahrhunderten doch noch akurater abzubilden als bisher.
In Deutschland ist zwar nicht vorgeschrieben, mit welcher Weltkarte Kinder lernen sollen, doch in den meisten Atlanten findet sich die Winkel-Tripel-Projektion wieder. Sie schließt einen Kompromiss zwischen der Winkeltreue der Mercator-Projektion und der Flächentreue der Gall-Peters-Projektion.
Eine Karte, die es wahrscheinlich nicht in die Schulbücher, aber dafür auf die Lehrpläne schaffen sollte, ist das Projekt "The True Size". Die interaktive Karte macht die Größenverhältnisse der Länder und Kontinente unserer Welt neu erfahrbar. Hier kann man sich jedes beliebige Land herausnehmen und über ein anderes Land legen. So kann man sehen, wie groß oder klein die Maßstäbe tatsächlich sind – und kommt der Wahrheit spielerisch näher.
Wichtig ist, zu erkennen, dass solche Abbildungen einen großen Einfluss auf die Eindrücke von Menschen haben kann und sie deshalb dazu neigen, bestimmte Weltkarten als "richtig" anzusehen, andere wiederum nicht. Stell dir nur mal vor, wir würden den Globalen Norden mit dem Globalen Süden vertauschen und die Karte auf den Kopf stellen! Dabei handelt es sich hier um Himmelsrichtungen, die weder "oben" noch "unten" beschreiben. Dennoch suggerieren die Abbildungen damit, dass insbesondere Europa und die USA "on top" seien.
Daher fordern wir Buch- und Kartenverlage, Medien und Regierungsbehörden nachdrücklich auf, rechteckige Weltkarten nicht mehr für allgemeine Zwecke oder künstlerische Zwecke zu verwenden. Solche Karten fördern schwerwiegende, fehlerhafte Vorstellungen, indem sie große Teile der Welt stark verzerren, die runde Erde mit geraden Kanten und scharfen Ecken darstellen, die meisten Entfernungen und direkten Routen falsch darstellen und das kreisförmige Koordinatensystem als quadratisches Gitter darstellen. Die am häufigsten angezeigte rechteckige Weltkarte ist der Mercator (tatsächlich ein Navigationsdiagramm für Seekarten), aber auch andere rechteckige Weltkarten, die als Ersatz für den Mercator vorgeschlagen wurden, zeigen ein stark verzerrtes Bild der sphärischen Erde.